Hunde leben im Moment.
Kennst du diese Situationen, wo sich dein Hund urplötzlich einfach auf die Seite wirft und sich genüsslich wälzt oder losschießt und um dich herum wilde Kreise zieht? Schaust du ihm dann ins Gesicht, siehst du meist zwei vor Freude blitzende Augen und ein breites Strahlen. Oder vielleicht seid ihr gerade unterwegs und er kann sich einfach nicht von dieser interessanten Schnüffelstelle lösen, weil er so sehr in der Flut der Gerüche aufgeht. Oder ihr sitzt auf der Couch und dein Hund schmiegt sich ganz fest an dich, seufzt einmal tief und schließt dann glücklich und zufrieden die Augen, um sich dann noch ein bisschen den Bauch kraulen zu lassen.
Hunde machen sich keine Gedanken darüber, welche Fehler sie in der Vergangenheit gemacht haben oder welche Sorgen vielleicht in Zukunft auf sie zukommen könnten. Sind sie wütend, traurig oder ängstlich, dann weil genau in dieser Situation ein äußerer Reiz akut diese Emotion auslöst. Sie träumen auch nicht von unerfüllten Zielen oder hängen vergangenem Glück hinterher. Der Moment ist das, was in ihrer Welt zählt, egal wie gut oder wie schlecht er sich gerade anfühlt. Das, was wir Menschen uns mühevoll mit Meditation und Achtsamkeitsübungen antrainieren, ist für einen Hund schlichtweg Normalität.
Vielleicht sollten wir das als Einladung betrachten immer wieder innezuhalten, wenn auch unser Hund es tut und einfach wahrnehmen, was da gerade ist. Da ist dieser Sonnenstrahl auf deiner Haut, dessen Wärme gefühlt werden möchte, diese Brise, die dir das Haar verwuschelt, diese schöne Blume am Wegesrand, die bestimmt wunderbar duftet, das Lachen eines lieben Menschen, eine Autofahrt, bei der du laut mit dem Radio mitsingst oder das Gefühl von frisch bezogenen Bettdecken vor dem Schlafengehen. Nimm dir ein Beispiel an der unverfälschten Freude deines Vierbeiners und blende den ganzen Rest einfach mal aus.
Du übernimmst Verantwortung für ein anderes Lebewesen.
In dem Moment, in dem dein Hund bei dir einzieht, bist du plötzlich verantwortlich dafür, dass die Bedürfnisse eines anderen Wesens erfüllt werden. Er kann nicht einfach zum Supermarkt fahren, wenn er Hunger hat, ins Bad gehen, wenn die Blase drückt oder sich einen Termin beim Tierarzt geben lassen, wenn die Pfote wehtut. Das sind alles Dinge, auf die du achtgeben musst und die aufmerksames Beobachten erfordern. Auf einmal musst du deinen Tagesplan so gestalten, dass du nicht zu lange wegbleibst, Spaziergänge so legen, dass ihr nicht ständig dem Erzfeind über den Weg lauft oder zeigen und vorleben, dass diese wehende Plastikplane euch nicht wirklich fressen möchte. Dein Leben dreht sich nicht mehr nur noch um dich, da ist jetzt jemand abhängig von dir.
Als meine erste Hündin bei mir einzog, war ich 26. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon auf viele verschiedene Hunde aufgepasst, aber diese natürlich immer nach einem mehr oder weniger langen Zeitraum wieder an ihre Halter*innen abgegeben. Es lebten zeitweise auch zwei Katzen bei mir, die dann leider aufgrund einer sehr schweren Krankheit meines damaligen Partners zu Freunden gezogen sind. Während Katzenhaltung auch ein hohes Maß an Verantwortung mit sich bringt, ist das Zusammenleben mit einem Hund trotz allem noch zeitintensiver. Als Cookie da war, veränderte sich alles. Mein Tag bekam viel mehr Struktur und ihre vielen gesundheitlichen Probleme sowie management- und trainingsintensiven Verhaltensbaustellen sorgten dafür, dass ich innerhalb kürzester Zeit gezwungen war, mein Leben deutlich mehr nach ihr auszurichten, als mir vorher bewusst war. Diese gemeinsame Zeit hat mich im Prozess des Erwachsenwerdens ungemein weitergebracht und mir unendliche viele Lernerfahrungen aller Art beschert.
Auch wenn die Verantwortung für deinen Hund sich manchmal wie eine große Bürde anfühlen kann, ist sie auch eine wundervolle Gelegenheit für dich zu wachsen, zu lernen und ein besserer Mensch zu werden.
Hunde schenken dir bedingungslose Liebe.
Dieser Satz trifft sicherlich nicht auf jeden Hund zu, aber in sehr vielen Fällen eben doch. Du hast sicherlich schon mindestens einmal in deinem Leben einen Bericht über einen Hund gesehen, der jahrelang unter schlimmsten Verhältnissen leben musste und trotzdem die Menschen, die ihm das angetan haben, von oben bis unten abschlecken wollte. Oder du selbst hast dich deinem Hund gegenüber alles andere als fair verhalten und trotzdem freut er sich am nächsten Morgen so sehr dich zu sehen, als wärst du ewig weg gewesen. Natürlich lernen Hunde aus Erfahrungen und reagieren mit angepasstem Verhalten, aber unterm Strich sind sie so sehr auf Kooperation mit dem Menschen selektiert worden, dass es einfach ihre Natur ist mit uns zusammenarbeiten und uns mögen zu wollen.
Aber auch den umgekehrten Fall erlebst du oft: egal wie kackbratzig sich dein Hund auf dem letzten Spaziergang benommen, dir schon wieder einen Schuh zerkaut oder dir eine Pfütze im Flur hinterlassen hat – wenn er dann doch wieder mit großen Augen vor dir sitzt und dich mit der Pfote anstupst, hast du ihn wieder lieb. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir uns mit einer vergleichbaren Menge an Problemen eher von lieben Menschen trennen würden als von unserem Hund.
Du lernst Empathie.
Zusammen mit deinem Verantwortungsbewusstsein entwickelt sich auch deine Empathie. Plötzlich ist es deine Aufgabe zu versuchen zu verstehen warum dieser Fellklops jetzt in diesem Moment dieses Verhalten zeigt. Du lernst Ausdrucksverhalten zu lesen, Emotionen zu erkennen und betreibst detaillierte Verhaltensanalysen. Du fühlst mit, wenn dein vierbeiniger Freund Schmerzen hat oder krank ist, du freust dich, wenn er Spaß mit dem Hundekumpel hat, du wirst mit ihm wütend, wenn ihr wieder eine unangenehme Begegnung mit dem Tutnix der Nachbarn hattet. Sein Glück ist dein Glück, seine Angst macht dir zu schaffen. Du lernst deine Antennen auf ein anderes Lebewesen einzustellen und immer auf dem Radar zu haben, wie es ihm gerade geht. Und du lernst an dir selbst zu arbeiten, wenn du Eigenschaften hast, die deinem Hund schaden, denn es tut dir weh, wenn er deinetwegen leidet.
Hunde haben keine Angst davor sich zum Affen zu machen.
Wann hast du das letzte Mal einfach losgelassen, bist als allererste Person auf die Tanzfläche gegangen und hast getanzt als würde dir niemand dabei zusehen? Wann hast du das letzte Mal lustige Grimassen gemacht, vor Freude gekreischt, so dolle gelacht, dass du dabei schnauben und grunzen musstest? Wann bist du das letzte Mal einfach spontan in Unterwäsche in einem See baden gegangen, einfach, weil dir gerade danach war? Wann hast du das letzte Mal einfach in Gegenwart anderer Menschen geweint, egal wie verschnoddert und zugequollen du danach ausgesehen hast? Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass diese Dinge eine Weile her sind oder du sie vielleicht noch nie gemacht hast, weil du Angst hattest, was andere dann von dir denken könnten.
Hunden ist so etwas vollkommen egal. Sie bewerten weder dich und das, was du tust, noch ihre eigenen Handlungen. Bei einem Hund kannst du einfach du selbst sein, unperfekt, authentisch, ehrlich, denn du weißt, er verurteilt dich nicht. Natürlich kannst du das bei Menschen auch, aber uns ist natürlich klar, dass unsere eigene Hemmschwelle da deutlich höher liegt, weil Menschen dann eben doch oft dazu neigen andere zu be- und verurteilen.
Deinem Hund geht es komplett am Plüschpopo vorbei, ob er da gerade einen Sabberfaden um seine Schnauze gewickelt hat, ob er beim Schnüffeln klingt wie ein Trüffelschwein, ob der ganze Matsch aus dem Stinketümpel farblich zu seinem Halsband passt oder ob die im Raum anwesenden Personen vielleicht ein Problem mit seinen Blähungen haben könnten. Und während das natürlich kein Aufruf dazu sein soll dich vollkommen gehen zu lassen, kannst du deinen Hund doch ab und zu mal als Vorbild dafür nehmen einfach mal darauf zu scheißen (ja, manchmal braucht es deutliche Worte) was andere von dir denken.
Also, wann beglückst du deine Freunde das nächste Mal beim Karaoke mit einer dreistimmigen (laut, schief und mit Begeisterung) Version von „I will always love you“?